Allgemein Kolumnen

The Thing about Beauty and Skinniness

18. Januar 2015

DE: Woher kommt der Wunsch vieler Frauen dünn zu sein? Es gibt wenige Männer, denen die abgemagerten Models gefallen, wie man sie auf den Laufstegen sieht. Zu einem Victoria’s Secret-Engel würde aber kaum ein Mann Nein sagen. Die haben ja immerhin Kurven. Kurven? Ernsthaft? Was bei Victoria’s Secret als Kurven bezeichnet wird, würde man in der Mathematik bestenfalls als Geraden bezeichnen. Aber die Fashion-Industrie hat eben ihre eigenen Gesetze. Um das klarzustellen: Ich möchte Frauen mit schlanken Körpern keinesfalls abwerten. Ganz im Gegenteil: Die Victoria’s Secret-Engel sind wunderschöne, von Gott begünstigte und von Visagisten und Stylisten hergerichtete Frauen. Aber sie sind nicht der Maßstab aller Dinge, was Schönheit anbelangt. Sie sollten es zumindest nicht sein…

Das Schönheitsideal, was uns die modernen Medien vermitteln, sind Frauen mit Kinderkörpern vor der Pubertät nur eben mit großen Brüsten: schlank, drahtig und fast fettfrei; gibt es doch schließlich auch Körperstellen, an denen ein wenig Fett oder im Zweifelsfall etwas Silikon durchaus erstrebenswert ist.

Was macht das in unseren Köpfen? Wenn ich in den nächsten H&M gehe, sehe ich ein tolles Kleid an einem wunderschönen Model auf einer Reklametafel. Ich suche mir meine Größe und verschwinde in die Umkleidekabine. Und dann kommt der Moment der großen Ernüchterung: Das Kleid sieht an mir grauenhaft aus; der Liedtext eines erfolgreichen Kinderliedes mit leicht abgewandeltem Text kommt mir in den Sinn: „Schwi Schwa Schwabbli, Schwabbli Schwabbli Schwab…“. An dem Kleid kann es nicht liegen. An dem Model hat es doch wahnsinnig gut ausgesehen. Es MUSS also an mir liegen. Wenn ich nur zwei, drei oder zehn Kilo abnehme, dann wird das Kleid an mir genauso gut aussehen.

Oft sind wir uns darüber bewusst, dass die Models in die Kleider eingenäht wurden, Licht und Photoshop ihren eigenen Beitrag geleistet haben und trotzdem ändert das bezüglich unserer Selbstwahrnehmung leider wenig bis gar nichts. Wir werden tagtäglich von übernatürlich schönen Menschen überschüttet, sei es im Fernsehen, in irgendwelchen Modemagazinen oder im Internet. Wir wollen gefallen. Wir wollen schön sein. Und schön ist man ja nur dann, wenn man genauso aussieht, wie diese Wesen aus einer anderen Welt auf Werbeplakaten oder in diversen Werbespots.

Wo stehe ich da als einzelner Mensch? Bis vor vier Jahren war ich in dem Streben gefangen 59kg wiegen zu müssen bei einer Körpergröße von über 1,80m, nur um in Kleidergröße 34 zu passen. Ich war mit einem Gewicht von 67kg immer noch nicht dünn genug, um als Model arbeiten zu können. Ich habe mich fett und hässlich gefühlt, bin jahrelang nicht mehr ins Freibad gegangen und war der festen Überzeugung, dass wenn ich erst mal 59kg wiegen würde, würde mein Leben endlich beginnen. Dann wäre ich schön, schlank und sexy. Über Jahre habe ich mit meinem Körper und dem Essen zu kämpfen gehabt. Gegen Ende habe ich drei bis fünf Stunden täglich trainiert und mich nur noch von Magerjogurt und Geflügelwürstchen ernährt, nur um mich eine Woche später mit Junkfood vollzustopfen. Ich muss gestehen, dass ich bis heute noch kein ganz normales Essverhalten entwickelt habe.

Trotzdem hat eine Entscheidung in meinem Leben schließlich die Wende gebracht. Ich habe mich Mitte 2010 dazu entschlossen Übergößenmodel zu werden. (Unter Übergrößenmodels werden in den meisten Agenturen Models geführt, die bei einer durchschnittlichen Körpergröße von 1,75m Konfektion 38 aufwärts tragen.) Mit dieser einen Entscheidung hat sich mein Leben verändert. Ich habe wieder einen Bezug zu meinem Körper gefunden und aufgehört ihn als Feind zu betrachten. Ich wiege rund 15kg mehr als noch vor vier Jahren und empfinde meinen Körper trotzdem zum ersten Mal in meinem Leben als schön.

In so vielen Bereichen wird Individualität gepriesen, aber wenn es nach dem modernen westlichen Schönheitsempfinden ginge, müssten wir alle Klone sein: groß, schlank, endlos lange Beine, volles Haar und gut gebräunt. Darauf habe ich keine Lust mehr. Ich möchte ich selbst sein, mit meinen Dellen am Po und meiner Kleidergröße 42. Auch wenn ich bisher meinen Durchbruch als Model noch nicht geschafft habe und ihn vielleicht auch nie schaffen werde, war die Entscheidung Übergrößen- oder besser gesagt Curvy Model zu werden, eine der wichtigsten meines Lebens. Ich habe gelernt, dass ich viel mehr erreichen kann, indem ich mir selbst treu bleibe, als wenn ich versuche jemand zu sein, der ich nicht bin.

KeRa <3


EN: Why do most of the women want to be skinny? There are hardly any men, who like the bony bodies of the runway models anyway. Although there are many men, who would like to call a Victoria’s Secret model their girlfriend. At least they are curvy. Curvy? Seriously? What they call a curve in fashion industry, mathematics would call a straight line. But these are the rules of fashion industry. Just to make it clear: I don’t want to devalue women with slender bodies. On the contrary, I think Victoria’s Secret models are beautiful women, blessed with good looks and perfectly styled by make-up artists and stylists. But they shouldn’t be the standard of the whole world…

The ideal of beauty, represented by media, are women with prepubescent bodies with large breasts: slender, athletic and almost fat free; there are at least some parts where fat or silicone are kind of desirable.

Which influence do these images have on our minds? When I walk into the next H&M I see a commercial with a wonderful model wearing a nice dress. I pick my size and try on the dress. And next there is this moment of disillusion: The dress looks awful on me. I’m feeling like the femal version of the Michelin mascot. It couldn’t be the dress. The dress looks amazing on that model. It has to be me. I just need to lose five, ten or twenty pounds to look as good as the model.

The funny thing is: Most of the time we know that there is some Photoshop action going on with the pictures we see. But nonetheless we tend to compare ourselfes with these pictures all the time. We’re being kind of overwhelmed with these supernatural, beautiful people in TV, in fashion magazines and on the internet. We all want to be pleasing. We all want to be pretty. And to be pretty you have to look like these creatures from another world in movies  or advertising.

Four years ago I desperately tried to weigh 130lbs and wear a size 4/6 (US/UK), being 6’0’’. With my 148lbs I was too big to be a model. I considered myself as plump and ugly. I didn’t even go to the swimming pool anymore, because of the way I looked like. I thought I just need to lose some weight to be beautiful and sexy to live a fulfilled life. I had some big issues with my body and the food back then. At one point I went to work out at the gym for three to five hours a day and kept dieting, eating only fat free yogurt and chicken sausages, just to stuff up myself with junk food every now and then. I have to admit I still relapse into these bad habits sometimes.

Nevertheless there was this one decision that changed my life. In 2010 I decided to become a plussize model. (In most agency plussize starts at size 8/10 (US/UK).) With this decision I started to regain a connection to my body and stopped to regard food as an enemy. Even though I have about 33lbs more by now, I feel pretty for the first time in my life.

Usually our society is all about individuality, but when it comes to the western standard of beauty, we would all need to be clones: tall, skinny, long-legged, with full-bodied hair and well tanned. Sorry, not for me. I want to be myself with the cellulite on my thighs and my size 12/14 (US/UK). And although I haven’t had my breakthrough as a model yet and might never gonna have it, the decision to become a curvy model was one of the most important in my life. I’ve recognized that I can achieve anything. I just need to be who I am and stop trying to be someone I’m not.

KeRa <3

You Might Also Like